Seelig sind die gesitig armen

13 Jahre Schule und 8 Jahre Studium haben nichts daran geändert, dass ich mich genüsslich mit dieser Überlieferung/Übersetzung von Jesus, über Ihn und meine Mitmenschen lustig gemacht habe.

War Wissen nicht Macht? Ging es nicht immer nur darum bestimmte Dinge auswendig zu lernen, um jemand sein und werden zu können? Um gut zu sein? Um erfolgreich zu sein? Um der stärkere und bessere zu sein?

Das setzte mich enorm unter Druck und ich bewunderte die Schüler, Studenten, Lehrer und Professoren, die schon so viel auswendig gelernt hatten und dieses Wissen auch noch jeder Zeit abrufen konnten. Da konnte ich nicht mithalten und meldete mich lieber gar nicht mehr. – Mein Widerstand gegen bestimmte (indiskutable) Inhalte des Lehrplans, bestimmte zusammen mit der jeweiligen Sympathie des Lehrers meine Noten.

Dann kam Sokrates:

„Sokrates, warum nennen Dich die Menschen den weisesten aller Menschen?
– Weil ich der einzige bin, der weiß, dass er nichts weiß.“

Diese Aussage von ihm, veränderte mein gesamtes Weltbild. Ich erkannte diese unumstößliche, tiefe Wahrheit: Wahre menschliche Weisheit ist es, sich des Nichtwissens bewusst zu sein – Am Ende allen Lernens steht immer das Nichtwissen. Warum also nicht abkürzen? Fortan fühlte ich mich von einer tiefen Kraft getragen. Die große Last meiner Persona fiel erstmalig bewusst von meinen Schultern. Unter dieser Last, etwas wissen und sich damit behaupten zu müssen, kam ein vollkommenes Vertrauen zum Vorschein. Ein friedvoller Zustand des Geborgenseins und des Zuhauseseins erfüllte mich. Die Akzeptanz des Nichtwissens öffnete in mir eine unerschöpfliche Kraft- und Kreativitätsquelle.

Jesus machte plötzlich Sinn. Und ich konnte Ihn fühlen. Nach all dem Kirchengangzwang und der Scheinheiligkeit in meinem Leben und Umfeld. Das tat erstmal sehr sehr weh. Ich sah plötzlich wie ich mich gegenüber meinen Familienmitgliedern, Freunden und Mitmenschen verhalte (-n habe). Und wie sie miteinander umgehen:

Jeder weiß und sagt nur das, was er auswendig gelernt oder vorgelebt bekommen hat.

In den Augen „geistig armer“, stiller, Menschen erkenne ich das „Himmelreich“ – und mein wahres Selbst.

Wer bist Du, ohne Gedanken?

Namaskar